Als gemeinschaftliche Tätigkeiten (joint operations) klassifizierte gemeinschaftliche Aktivitäten (vgl. hierzu ausführlich Küting/Weber, Der Konzernabschluss, 14. Auflage, Kapitel 5, Gliederungspunkt 3.1.2 ) sind auf Basis einer quotalen Einbeziehung der Vermögenswerte und Schulden bzw. Aufwendungen und Erträge gem. IFRS 11 im Konzernabschluss abzubilden sind.

Die beigefügte Fallstudie bezieht sich auf solche gemeinschaftlichen Tätigkeiten, die jeweils als eigenständige juristische Person(en) organisiert sind. In diesem Kontext kommt im deutschen Rechtsraum dem vierten Prüfschritt aus IFRS 11 (other facts and circumstances) eine hohe praktische Relevanz zu. Dieser ist durch den Gedanken geprägt, dass den Gesellschaftern der gemeinschaftlichen Aktivität zwar nicht unmittelbar die Vermögenswerte und Schulden zustehen; durch die vertraglich vereinbarte Abnahme der produzierten Güter und Dienstleistungen diesen aber im Wesentlichen das gesamte in den Vermögenswerten gebundene Nutzenpotenzial zufließt. Mit anderen Worten: Den Gesellschaftern steht aufgrund der vertraglichen Abnahmeverpflichtung wirtschaftlich der Nutzen aus den Vermögenswerten zu, zudem haften sie für die bestehenden Schulden der gemeinschaftlichen Tätigkeit, da die Tilgung der Verbindlichkeiten im Ergebnis durch die aus der Abnahme der produzierten Güter und Dienstleistungen resultierenden Zahlungseingänge erfolgt. Der Standardsetter stellt danach auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ab und fokussiert auf die Risiko- und Chancenverteilung zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft. Diese wirtschaftliche Betrachtung soll auch Grundlage der Übernahme der Vermögenswerte und Schulden in den Summenabschluss sein.

Nach IFRS 11.20 erfasst der Gesellschafter der gemeinschaftlichen Aktivität, der sog. joint operator, seinen Anteil (in relation to its interest) an den folgenden Posten der gemeinschaftlichen Tätigkeit:

(1) seine Vermögenswerte, einschließlich seines Anteils an gemeinschaftlich gehaltenen Vermögenswerten;

(2) seine Schulden, mitsamt seines Anteils an gemeinschaftlich eingegangenen Schulden;

(3) seinen Anteil an den Erlösen aus dem Verkauf der Erzeugnisse oder Leistungen der gemeinschaftlichen Tätigkeit; und

(4) seine Aufwendungen, einschließlich seines Anteils an gemeinschaftlich entstandenen Aufwendungen.

Neben diesen recht rudimentären Regelungen finden sich in IFRS 11 selbst keine weiteren Vorgaben für die bilanzielle Abbildung einer gemeinsamen Tätigkeit. Demzufolge ergeben sich bei der praktischen Umsetzung nicht unerhebliche Anwendungsprobleme, namentlich, welche Quote für die Übernahme der Vermögenswerte und Schulden maßgeblich ist bzw. welche Konsolidierungsmaßnahmen in welchem Umfang erforderlich sind. Gemäß der Grundintention, hat jeder Gesellschafter einer gemeinschaftlichen Tätigkeit seinen Anteil an der gemeinschaftlichen Aktivität zu erfassen.

Wie dieser Anteil zu ermitteln ist, gibt der Standard nicht vor; aus dem Standard ergeben sich lediglich Hinweise: „The IFRS requires an entity with an interest in a joint operation to recognise assets, liabilities, revenues and expenses according to the entity’s shares in the assets, liabilities, revenues and expenses of the joint operation as determined and specified in the contractual arrangement, rather than basing the recognition of assets, liabilities, revenues and expenses on the ownership interest that the entity has in the joint operation“ (IFRS 11.BC38). Des Weiteren findet sich in IFRS 11.BC43: “The economic substance of the arrangements depends on the rights and obligations assumed by the parties when carrying out such activities. It is those rights and obligations that the accounting for joint arrangements should reflect”. Mit dem IFRIC-Update aus dem März 2015 wurde die seitens des Standardsetters intendierte Sicht deutlicher herausgestellt: „The Interpretations Committee, referring to paragraph 20 of IFRS 11, noted that the joint operators of such a joint operation would account for their assets, liabilities, revenues and expenses in accordance with the shares specified in the contractual arrangement” (IFRIC (2015), S. 10).

Für die bilanzielle Abbildung sind demzufolge die vertraglichen Verhältnisse heranzuziehen. Bei einer gemeinschaftlichen Tätigkeit, die – wie vorstehend beschrieben – durch wirtschaftliche Verhältnisse klassifiziert wird, wäre folglich auf den vertraglich vereinbarten Abnahmeanteil abzustellen. In dem Umfang, wie die Gesellschafter die produzierten Güter und Dienstleistungen abnehmen, ziehen sie auch den Nutzen aus den Vermögenswerten und kommen gleichzeitig für die Schulden der gemeinschaftlichen Tätigkeit auf.

Der von den Gesellschaftern vertraglich vereinbarte Abnahmeanteil kann mit ihren jeweiligen (gesellschaftsrechtlichen) Kapitalanteilen übereinstimmen. In diesen Fällen würden sich – ausgenommen von der Innenumsatz- und Zwischenergebniseliminierung – keine wesentlichen Unterschiede zur klassischen Quotenkonsolidierung i. S. d. IAS 31 (a.F.) ergeben.

In der Unternehmenspraxis wird jedoch regelmäßig auch der Fall auftreten, dass die Gesellschafter von ihrem Kapitalanteil abweichende Quoten bzgl. der Abnahme von Gütern und Dienstleistungen vereinbaren und die Abnahmequoten ggf. im Zeitablauf schwanken. Während die Anwendung des Nutzungsanteils für joint operations außerhalb der Prüfungsstufe „other facts and circumstances“ aufgrund der Intention des Standards schlüssig und sinnvoll ist, ergeben sich insbes. Anwendungsprobleme im deutschen gesellschaftsrechtlichen Umfeld, wenn joint operations über diese vierte Prüfungsstufe klassifiziert werden, da hier dem Nutzungsanteil ein abweichender Kapitalanteil gegenüber stehen kann. Diese Anwendungsprobleme werden offenkundig auch vom IFRIC gesehen: “However, when an assessment of other facts and circumstances has concluded that the joint arrangement is a joint operation, and the joint arrangement agreement does not specify the allocation of assets, liabilities, revenues or expenses, the question arises about what share of assets, liabilities, revenue and expenses each joint operator should recognise. Specifically, should the share of assets, liabilities, revenue and expenses recognised reflect the percentage of ownership of the legal entity, or should it reflect the percentage of output purchased by each joint operator? (IFRIC (2015), S. 10). Seitens des Standardsetters wird weiter herausgearbeitet, dass genaue Analysen für das Abweichen der beiden Quoten erforderlich werden; des Weiteren müssen auch weitere konkretisierende Vorgaben bzgl. der Anwendung der Norm durch den Standardsetter erfolgen (vgl. IFRIC (2015), S. 10). Es ist davon auszugehen, dass diese gebotenen Konkretisierungen spätestens im »post implementation review« zu IFRS 11 adressiert werden.

Nach der hier vertretenen Auffassung liegen im Fall von über den vierten Prüfschritt klassifizierte gemeinschaftliche Tätigkeiten gewichtige Gründe vor, um unverändert auf den Kapitalanteil bei der quotalen Übernahme der gemeinschaftlichen Tätigkeit abstellen zu können. Gerade wenn eine gemeinschaftliche Tätigkeit mehrere Produkte mit unterschiedlichen Abnahmequoten und ggf. unterschiedlichen Margen liefert und/oder sich im Zeitablauf die Quoten und/oder Margen ändern, steigt nicht nur die Komplexität bei der Abschlusserstellung, ohne dass im gleichen Maße der Informationsnutzen verbessert wird, sondern es stellt sich zudem die Frage, ob die relevante Quote mengen- oder preisgewichtet zu ermitteln ist. Unabhängig von der Frage, mit welcher Quote die Vermögenswerte und Schulden bzw. die Aufwendungen und Erträge in den Konzernabschluss eingehen, sollte u. E. das Eigenkapital stets mit dem Kapitalanteil quotiert werden. Nur so ist eine sinnvolle Verzahnung mit der erforderlichen Kapitalkonsolidierung sichergestellt.

Im Vergleich zur handelsrechtlichen Quotenkonsolidierung sind bei der Vornahme der Konsolidierungsarbeiten deutliche Unterschiede im Bereich der Innenumsatz- und Zwischenergebniseliminierung zu konstatieren. Diese werden nachfolgend anhand der Fallstudie aufgegriffen.

 

Fallstudie (Format 12800 x 720)