Konsolidierte Nachhaltigkeitskreisberichterstattung - Abgrenzung des Konzernkreises

Der überwiegende Teil der großen Kapitalgesellschaften wird nach der hier vertretenen Auffassung konzernverbunden sein, so dass die konsolidierte Nachhaltigkeitsberichterstattung (Artikel 29a der EU-Bilanzrichtlinie unter Beachtung CSRD) eine deutlich größere praktische Relevanz im Vergleich zur einzelgesellschaftlichen Nachhaltigkeitsberichterstattung gem. Artikel 19a entfalten wird.
Im Kontext der konsolidierten Nachhaltigkeitsberichterstattung tritt unmittelbar die Frage nach der Abgrenzung des Konzernkreises (Konsolidierungskreises) auf. Diese für die praktische Umsetzung sehr zentrale Frage wird nicht in der notwendigen Klarheit formuliert. So verweist Artikel 29a auf die grundlegenden Definitionen des Artikel 3, Abs. 7, wonach eine große Gruppe als Gruppe verstanden wird, „die aus Mutter- und Tochterunternehmen bestehen, welche in eine Konsolidierung einzubeziehen sind“. In ESRS 1.62 heißt es recht offen formuliert: „Die Nachhaltigkeitserklärung gilt für dasselbe Bericht erstattende Unternehmen wie die Abschlüsse. Handelt es sich beispielsweise bei dem Bericht erstattenden Unternehmen um eine Muttergesellschaft, die zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses verpflichtet ist, gilt die Nachhaltigkeitserklärung für die Unternehmensgruppe“.
Die Implementation Guidance IG2 (Value Chain) der EFRAG greift ESRS 1.62 auf und folgert einen Gleichklang mit der finanziellen Berichterstattung: „The sustainability statement shall be for the same reporting undertaking as the financial statements“ (Par. 34). Die Forderung, dass sich die Konsolidierungskreise für Zwecke der finanziellen Berichterstattung und der Nachhaltigkeitsberichterstattung entsprechen, wäre wünschenswert. Ein weiterer Blick in die Implementation Guidance 2 (Value Chain) der EFRAG zeichnet aber ein anderes Bild. Bei der Abgrenzung des Konzernkreises für die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird auf den sog. Vollkonsolidierungskreis abgestellt. Unter Par. 64 heißt es: „However, the starting point for ESRS reporting is not equity accounting or proportional consolidation“.
Offenkundig gibt es doch Unterschiede in der Abgrenzung des Konzernkreises, denn sowohl nach HGB als auch IFRS umfasst der Konsolidierungskreis der finanziellen Berichterstattung (= Konzernabschluss) nicht nur die Mutter/Tochter-Beziehungen, sondern auch Gemeinschaftsunternehmen und assoziierte Unternehmen.
Die Equity-Methode ist im Kern eine Beteiligungsfortschreibung um anteilige Eigenkapitaländerungen des Beteiligungsunternehmens. Dass solche Unternehmen bspw. nicht in die Ermittlung von Wasserverbräuchen der Gruppe eingehen, ist unmittelbar einsichtig. Kritisch zu beurteilen ist aber die unterschiedliche Behandlung von Gemeinschaftsunternehmen, wenn diese quotal in den Konzernabschluss einbezogen werden. Unternehmen die gemeinsam mit einem konzernfremden Unternehmen beherrscht werden, dürfen (= Wahlrecht) nach § 310 HGB im Wege der Quotenkonsolidierung in den Konzernabschluss einbezogen werden. Nach IFRS ist gem. IFRS 11 eine Einstufung von gemeinschaftlichen Aktivitäten vorzunehmen; wenn es sich um eine sog. Joint Operation handelt, ist auch hier eine Quotenkonsolidierung/quotale Konsolidierung vorzunehmen (vgl. ausführlich insbes. Küting/Weber, Der Konzernabschluss, 14. Aufl., S. 221 und S. 643 ff.).
Wenn einerseits die Vermögenswerte und Schulden (aber auch die anteilige GuV) in den Konzernabschluss einbezogen werden, so ist es fraglich, warum nicht auch die Kennzahlen der Nachhaltigkeitsberichterstattung anteilig in die Berichterstattung über die Gruppe eingehen. Würdigt man die oben genannte Positionierung der EFRAG ist das aber gerade nicht gewünscht. Gemeinschaftsunternehmen und Unternehmen, die mittels der Equity-Methode in den Konzernabschluss einbezogen werden, gehen nicht in die Nachhaltigkeitsberichterstattung der Gruppe ein.

Regelmäßig sind aber auch diese Konzernunternehmen Teil der Wertschöpfungsbeziehungen/Lieferkette der Gruppe. Infolgedessen werden diese gleichwohl Teil der Nachhaltigkeitsberichterstattung, denn es ist über wesentliche Chancen und Risiken entlang der Lieferkette zu berichten.
Die Implikationen sind plastisch anhand der Berichterstattung nach ESRS S1 - eigene Belegschaft bzw. ESRS S 2 - Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette erkennbar. Während die Mutter und die Tochtergesellschaften unter die Berichtspflichten des ESRS S1 fallen, wären Gemeinschaftsunternehmen, aber auch at Equity-bilanzierte Einheiten Gegenstand der Berichterstattung gem. ESRS S2.
Festzuhalten bleibt, dass sich die Aussage der sich (grundsätzlich) entsprechenden Konsolidierungskreisgrenzen nur auf den sog. Vollkonsolidierungskreis bezieht. Eine wesentliche Besonderheit ist jedoch im Kontext von ESRS E1 – Klimawandel zu beachten. An dieser Stelle, die eine Vielzahl von Konzernen betreffen wird, verläßt die Nachhaltigkeitsberichterstattung die Grenzen des Vollkonsolidierungskreises und bezieht zusätzlich Unternehmen ein, auf die ein operational control ausgeübt wird (vgl. ESRS E1.25). Gem. ESRS E1.AR40 werden diese Aktivitäten dann auf einer 100%-Basis der Konzern-Gruppe zugeordnet); diesen Sachverhalt werde ich in einem weiteren Beitrag aufgreifen.