Der Vorgang Vollumbuchung ist ein sehr wichtiger und mächtiger Vorgang der maschinellen Kapitalkonsolidierung mit SEM-BCS. Mit diesem Vorgang kann das „Umhängen“ von Beteiligungen innerhalb eines Konsolidierungskreises, aber auch über Konsolidierungskreisgrenzen hinweg abgebildet werden. Der letztgenannte Punkt repräsentiert typischerweise einen Beteiligungstransfer eines Tochterunternehmens (aber auch mehrerer Einheiten) zwischen Teilkonzernen, der in der IFRS-Konzernrechnungslegung typischerweise nach dem Konzept der Fortführung der konzernbilanziellen Buchwerte (inkl. Goodwill) abgebildet wird (sog. Common Control-Konzept). Systemseitig muss hierfür das Flag „Logik OrgÄ“ im Kontext der Vorgangserfassung gesetzt werden (im Vorfeld muss die Funktionalität „OrgChange“ im Konsolidierungsgebiet eingerichtet sein). Unter Geltung der handelsrechtlichen Normen war bislang stets der sog. Separate Reporting Entity Approach anzuwenden. In der Literatur kommen jedoch zunehmend Stimmen auf, die auch im deutschen Handelsrecht eine Common Control-Bilanzierung für zulässig erachten. So führt OSER aus, „dass eine (vollständige) Neubewertung des Reinvermögens bei Transaktionen unter gemeinsamer Beherrschung bereits de lega lata weder zu einer sachgerechten Abbildung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns führt noch unausweichlich ist“ (Oser, Peter, BB 2104, S. 1387). Auch weitere gewichtige Stimmen folgen dieser Sichtweise (vgl. Beck Bil.-Komm. 10. Aufl., § 301 HGB, Rn. 296; vgl. hierzu auch WP-Handbuch (2016), G 63 f.).

Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf Umstrukturierungen innerhalb eines Konsolidierungskreises.

Die Funktionsweise des Vorgangs Vollumbuchung orientiert sich an der betriebswirtschaftlichen Substanz und es erfolgt ein Investorentausch; die Kapitalkonsolidierung der auf den neuen Investor zu übertragenden Einheit (Investee) bleibt unberührt. Ändern sich die Vermögensanteile der indirekten konzernfremden Gesellschafter, was im mehrstufigen Fall der Fall ist, wenn der abgebende und/oder der aufnehmende Investor kein 100%iges Tochterunternehmen ist, muss zusätzlich eine Anpassung der Vermögensanteile indirekter konzernfremder Gesellschafter erfolgen; namentlich muss die Verteilung des während der Konzernzugehörigkeit erwirtschafteten Eigenkapitals und ferner der Goodwillausweis geprüft werden. Nach IFRS darf sich eine hierauf beziehende Anpassung keine erfolgswirksamen Buchungen erzeugen (vgl. IFRS 10.23 i.V.m. IFRS 10.B96). Systemseitig kann dies automatisch über die Funktion „Teilabgang als Kapitalvorgang“ erzielt werden, die im Customzingschritt Systemnutzung zu finden ist. Die Verwendung dieser Funktionalität ist im IFRS-Umfeld sehr wichtig und sollte nach der hier vertretenen Auffassung zwingend aktiviert sein.

Hinweis: Andere Softwarelösungen verarbeiten die Thematik der „Umhängung von Beteiligungen“ nicht so effizient, da sie nicht den Weg des „Investorentauschs“ beschreiten, sondern auch die Kapitalkonsolidierung beim Investee neu (wenngleich auf Basis der historischen Werte) durchführen, was eine potenzielle Fehlerquelle darstellt.

Im Kontext der „Umhängung von Beteiligungen“ ist die Notwendigkeit einer Zwischenergebniseliminierung zu prüfen; dies gilt insbesondere dann, wenn am Investee konzernfremde Gesellschafter beteiligt sind.

Unterstellen Sie die Konstellation: Die Nordstar ist die Konzernmutter, diese hält eine 80%ige Beteiligung an der Tyconia. Die Tyconia hält wiederum eine Beteiligung an der Ikarus (= Enkelgesellschaft). Die Tyconia ist an der Ikarus mit 70% beteiligt und der Beteiligungsbuchwert beträgt 1000. Im Zuge einer konzerninternen Umstrukturierung wird die Beteiligung konzernintern an die Top-Mutter Nordstar verkauft. Aufgrund des während der Konzernzugehörigkeit erfolgten Wertzuwachses, wird ein Kaufpreis von 1200 vereinbart. Wie ist der Vorgang 09 – Vollumbuchung anzulegen?

Im Rahmen der Vorgangserfassung ist anzugeben, dass der abgebende Investor Tyconia die 70%ige Beteiligung mit dem Buchwert 1000 abgibt. Dann ist der neue Investor (hier die Nordstar) zu benennen, der die 70%ige Beteiligung an der Ikarus übernimmt. Des Weiteren ist der Beteiligungsbuchwert zugeben, dieser beträgt 1200, aus Konzernsicht ist jedoch ein Wertansatz von 1000 erforderlich, da die Transaktionen einen Zwischengewinn i.H.v. 200 beinhaltet. An dieser Stelle hat der Systemanwender eine Wahlmöglichkeit:

(1) Systemseitige Ermittlung und Verbuchung des Zwischenerfolgs

In der ersten Variante könnte beim aufnehmenden Investor der Zugang der 70%igen Beteiligung mit dem zugehenden Buchwert von 1200 erfasst werden. Bei der Verarbeitung der Maßnahme Kapitalkonsolidierung wird der Zwischenerfolg i.H.v. 200 ermittelt und erfolgswirksam storniert (das System bucht hierbei auf der Position, die den Abgangserfolg der Endkonsolidierung eingestellt ist). Prüfen Sie, ob auch die Anteile konzernfremder Gesellschafter an der erfolgswirksamen Buchung zutreffend gebucht werden; die Buchung sollte lauten:

Minderheiten Jahresüberschuss Bilanz an Minderheiten Jahresüberschuss GuV 20

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Verarbeitung nicht zu beanstanden und zufriedenstellend! Probleme werden jedoch in der Folge auftreten. Diese entstehen einerseits im Kontext der Währungsumrechnung, wenn die Umrechnung der Beteiligungen über Zusatzmeldedaten vorgenommen wird. Andererseits erfolgt eine fehlerhafte Verarbeitung, wenn sich nachfolgend die Beteiligungsstrukturen in Bezug auf die Ikarus ändern. Die Ursache liegt in der Speicherung der zentralen Zusatzinformation der Beteiligungsentwicklung, denn hier wird beim aufnehmenden Investor der Wertansatz inkl. Zwischenerfolg (d.h. 1200) gespeichert. Richtig wäre die Fortführung des Wertansatzes aus Konzernsicht, d.h. 1000. Unter Würdigung dieser Hintergrundinformation sollte dieser in der Unternehmenspraxis gern gewählte Weg nochmals kritisch reflektiert werden

(2) Vorgelagerte manuelle Buchungen der Kontierungsebene 10 für Zwecke der Zwischenergebniseliminierung

Anzuraten ist, über manuelle Buchungen der Kontierungsebene 10 die Erfolgsrealisierung und die Erhöhung des Beteiligungsbuchwertes zu stornieren. Die hierbei verwendete Belegart sollte auch in die Datenherkunft eingetragen werden, damit die hierauf entfallenden Fremdanteile zutreffend abgegrenzt werden. Bei der Erfassung des Vorgangs 09 – Vollumbuchung würde dann sowohl beim abgebenden Investor (Tyconia) als auch beim aufnehmenden Investor (Nordstar) ein Buchwert i.H.v. 1000 eingetragen. Über diese Vorgehensweise werden Fehler im Bereich der Währungsumrechnung und nachfolgenden Vorgängen der Kapitalkonsolidierung vermieden.